Geschichte
Die Geschichte des Hotel Glacier.
Das Hotel Glacier stammt aus dem Jahr 1864 und ist eines der ältesten Hotels der Region. Damals wurde das Eis des Unterergletschers und des Oberergletschers für Kühlzwecke geerntet. Der Unterergletscher reichte weit ins Tal hinunter, direkt vor der Brücke unterhalb des Hotels. Angesichts der Nähe zum Gletscher war es nur natürlich, dass das Hotel „Hotel du Glacier“ genannt wurde.
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Zu Beginn
Als die ersten Männer Eisblöcke aus dem Gletscher schnitten und abtransportierten, endete die Strasse von Interlaken nach Grindelwald direkt vor dem Hotel, daher der Name Endweg, der übersetzt „Ende der Strasse“ bedeutet. Von hier aus mussten die Gespanne, die die massiven Eisblöcke transportierten, ihre Pferdekutschen verlassen und sich zu Fuss oder zu Pferd auf den Weg zum Gletscher machen. Der Untergletscher war 1855 am grössten und ragte 500 m aus der Schlucht heraus. Er war der einzige Alpengletscher, der unterhalb von 1000 m ü. M. floss. 1863 erhielt die Berner Firma Schegg & Böhlen die Konzession für die kommerzielle Eisgewinnung. Die geernteten Eisblöcke wurden auf der neuen Strasse von Grindelwald Grund nach Interlaken und dann mit der Bahn bis nach Paris transportiert. Der wichtigste Eiskunde in der lokalen Wirtschaft war der Bierbrauer Christian Indermühle, heute besser bekannt als Rugenbräu.
Der ursprüngliche Erbauer des Hotels Glacier ist nicht mehr bekannt, aber einer der ersten Besitzer war Christian Burgener. Er war von 1864 bis 1888 Gemeindepräsident von Grindelwald und baute 1875 die Pension Burgener, heute bekannt als Hotel Spinne.
Von einem Schafstall zu einem Hotel.
Das Hotel Glacier und seine Scheune wurden Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, um die ersten Touristen in der Region zu beherbergen: die Eisarbeiter und ihre Pferde. Das Hotel und Restaurant Glacier wurde erstmals 1873 in den Steuerbüchern des Kantons Bern erwähnt. Doch schon vor 1873 taucht das Hotel auf zahlreichen Gemälden auf, die ein reges Leben und einen regen Handel zeigen. Damals war Wendel Nachtigall der Besitzer und Hotelier.
Ende des 19. Jahrhunderts war der Unterergletscher mit seinen spektakulären Gletschersäulen (Seracs) eine nationale Touristenattraktion und ein wichtiger Anziehungspunkt für Reisende in Grindelwald. Bereits 1857 benutzten die ersten Bergführer und Touristen den Weg über den Unterergletscher, um auf den Gipfel des Mönchs aufzusteigen.
Ende der 1890er Jahre - Träume von Höhen
Einige Jahre nach der Gründung des Hotels wurde der Tourismus in den Schweizer Alpen immer wichtiger, und man träumte von einer Bahn, die direkt auf das Jungfraujoch führen sollte. Dieses Projekt wurde am 21. Dezember 1894 von den Schweizer Behörden genehmigt. Nur zwei Jahre später, 1896, wurde mit dem Bau der Jungfraubahn begonnen. 1905 eröffnete die Jungfraubahn die Station Eismeer an der Südostwand des Eigers, und unerschrockene Skifahrer fuhren über den Gletscher zurück nach Grindelwald.
Am 1. August 1912 brachte der erste Zug rund 50 Passagiere auf das 3454 Meter hohe Jungfraujoch. Gefeiert wurde, als ein Ingenieur namens Zscholle am Schweizer Nationalfeiertag die Schweizer Fahne auf dem Plateau hisste.
Noch vor den 1890er Jahren kauften die Gebrüder Bally das Hotel und begannen mit umfangreichen Bauarbeiten. Dies war das goldene Zeitalter des Hotels Glacier. Im Dorf wurde der neue Bahnhof Grindelwald Dorf von der Berner-Oberland-Bahn eröffnet und die Dorfstrasse wurde zur Hauptverkehrsader.
Die Jahrhundertwende – Der Tourismusboom
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts blühte der Alpentourismus auf, und das Hotel Glacier wurde zu einem klassischen englischen Grandhotel ausgebaut – ähnlich dem heutigen Hotel Regina.
Der Gletscher war leicht zugänglich, und die Touristen konnten zu Fuß über das Eis oder mit der Pferdekutsche zum Unterlauf gelangen. Dies brachte dem Gletscher den Namen „Gletscher der Damen und Stutzer“ ein, oder „Gletscher der eleganten Damen und Herren“.
Der Pächter Samuel Elie Jaquiéry kaufte das Hotel du Glacier im Jahr 1903. Das familienfreundliche Hotel war ganzjährig geöffnet und verfügte über moderne Einrichtungen wie Zentralheizung, elektrisches Licht und Badewannen. Wie viele Hotels in Grindelwald verfügte das Hotel im Winter auch über eine eigene Eisbahn im Freien.
Eine weitere wichtige touristische Attraktion war der Wetterhorn-Aufzug im Jahr 1908, die erste öffentliche Seilbahn in der Schweiz überhaupt. Die Seilbahn war ein großer Erfolg, aber nur die erste von vier Stationen wurde fertiggestellt und der Betrieb mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs eingestellt. Der Tourismus fand ein jähes Ende.
Die Gletscher-Diebe
Der Sommer 1911 war ungewöhnlich heiss und selbst in Grindelwald herrschte Trockenheit. Für den Eishändler Schild und Jossi, der in diesem Jahr 200 Tonnen Eis ins Tal transportierte, lief das Geschäft aussergewöhnlich gut. Restaurants und Hotels brauchten das Eis zum Kühlen von Speisen und Getränken, denn der elektrische Kühlschrank war noch nicht erfunden. In jenem Jahr erschienen in den Zeitungen die ersten Artikel über das Abschmelzen der Gletscher, und Schild und Jossi wurden als „Gletscherdiebe“ bezeichnet, denen man vorwarf, den Gletscher zu sehr auszubeuten. Sie verteidigten sich damit, dass sie nur Eis entnommen hätten, das bereits vom Hauptgletscher abgebrochen war.
Krieg und Krise – Das Ende
Der Krieg, der rund um die Schweiz tobte, wirkte sich auf alle Wirtschaftszweige negativ aus, aber die Hotellerie war am stärksten betroffen. Der Tourismus kam praktisch zum Erliegen, und 1917 wurden die Lebensmittel rationiert. Doch auch die Rationierung konnte die Lebensmittelknappheit nicht verhindern. Bis zum Kriegsende verdoppelten sich die Lebensmittelpreise, und viele Hotels in der Schweiz gingen in Konkurs. Die Schweizer Regierung sah dem nicht tatenlos zu und erliess 1915 ein Bauverbot für Hotels, um weitere Konkurrenz zu verhindern. Dieses Bundesgesetz war bis 1952 in Kraft. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg kam die Hotellerie nur schleppend wieder auf die Beine, um dann durch die Russische Revolution und den Börsenkrach von 1929 erneut Rückschläge zu erleiden. Erneut blieben die Touristen aus. Aber es sollte noch schlimmer kommen, denn der Zweite Weltkrieg stand vor der Tür.
Von 1922 bis 1925 führte der Pächter Fritz Lehmann das Restaurant Glacier. Im Jahr 1927 verstarb Samuel Elie Jaquiéry. E. Bally-Lüthi aus Interlaken, die Frau eines der Bally-Brüder, und ihre Tochter Marie Graf-Bally erbten das Hotel. Mutter und Tochter fanden von 1927 bis 1933 Pächter bei der Familie Inäbnit-Kaufmann. Ab 1933 führte Marie Graf-Bally das Hotel allein. Wegen dringender Renovierungsarbeiten am Gebäude und erdrückender Hypothekenschulden während des Zweiten Weltkriegs ging sie in Konkurs.
Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Hotels vollständig von der Schweizer Armee besetzt. Das Hotel Glacier diente als Unterkunft für Soldaten.
Am 23. Juni 1943 erklärte das Departement des Innern des Kantons Bern das Hotel Glacier für bankrott. Das Hotel musste sein gesamtes Mobiliar und seine Wertsachen verkaufen und das Grundstück wurde für 3000 Franken als Bauland veräussert. Marie Graf-Bally durfte das zweite Gebäude als Restaurant führen. Ausserdem bot sie im obersten Stockwerk eine Schlafstelle mit 20 Strohbetten an, wodurch sie ein kleines Einkommen erzielte und die restlichen 27’000 Franken an die Kantonsbehörden zurückzahlen konnte. Ihre Mutter E. Bally-Lüthi starb 1944 im Alter von 89 Jahren. Die Fundamente dieses Hotels bilden den heutigen Parkplatz und reichten bis in das Gelände des Chalet Prinzenhof.
Ein neuer Anfang – Pension & Restaurant Glacier
Von Anfang an verfügte die Scheune im Obergeschoss über Zimmer für Dienstboten und Reiter. 1945 erwarb Adolf Kaufmann-Schindler, der ehemalige Besitzer des Bergrestaurants Allfluh (1928-1945), das Gasthaus und Restaurant Glacier. Die Scheune (heute Weinkeller) wurde damals als „Schwingkeller“ für die Ausübung des Eidgenössischen Schwingens genutzt. Ein grösserer Raum im ersten Stock diente unter der Woche als Turnhalle für die nahe gelegene Schule und an den Wochenenden als Musikzimmer. Um Platz zu schaffen, stellten die Schüler alle Turngeräte in einem anderen Raum auf und stellten Stühle in den grösseren Saal. Die strahlend weissen Wände gaben dem Gebäude den Spitznamen „die weisse Kapelle“.
Kurz nach dem Kauf verpachtete Adolf Kaufmann-Schindler das Restaurant an die Familie Bannholzer. Adolf Kaufmann-Schindler baute das Gebäude in den Jahren 1961, 1968 und 1978 mehrfach aus. Nach seinem Tod übernahm seine Frau Frida Kaufmann das Geschäft und heiratete später Fritz Inäbnit. Deren Sohn Ueli Kaufmann arbeitete im Restaurant und lernte dort seine spätere Frau Margrit kennen. Sie übernahmen das Glacier im Jahr 1976.
Die Musik
Bis 1989 hatten Hotel und Restaurant eine Ost-West-Firstrichtung, eine Terrasse auf der Ostseite zum Wetterhorn und nur wenige Zimmer im Obergeschoss über dem Restaurant. 1989 nahmen Ueli und Margrit Kaufmann die nächste grosse Renovation in Angriff. Das Glacier wurde wieder zu einem 3-Sterne-Hotel mit zwei neuen Etagen, die auf 17 Säulen errichtet wurden. Damit erhielt das Gebäude sein klassisches Chalet-Aussehen, eine Nord-Süd-Firstrichtung zum Eiger, 19 Zimmer und ein Restaurant mit 220 Plätzen im ersten Stock.
Überregional bekannt wurde das Glacier durch seine Volksmusikabende, an denen Ueli Kaufamnn (im Glacier als „Ueltsch“ bekannt) in der Gruppe „Kapelle Wetterhorn“ auftrat. Viele Musikgruppen nutzten das Hotel, um für ihre CD-Präsentationen zu werben, und das nationale Fernsehen stellte das Lokal und seine Musikabende mehrmals in der Sendung Potzmusig vor.
Ueli und Margrit Kaufmann suchten 2016 aus Altersgründen einen Nachfolger für das Hotel & Restaurant Glacier.
Das Hotel Glacier ohne seinen Gletscher
Seit Mitte der 1930er Jahre gab es mehrere bedeutende Wellen des Gletscherrückgangs. In den 1960er Jahren gab es einen kurzen Wachstumsschub, aber seit 1998 hat die Gletscherschmelze ein noch nie dagewesenes Ausmass und Tempo erreicht. Mit dem Abschmelzen des Eises ist der neu freigelegte Fels sehr instabil geworden. Das Hörnli am Eiger gegenüber der Bäregg war 2006 Schauplatz eines grossen Erdrutsches, bei dem 2 Millionen Kubikmeter Gestein auf den Gletscher fielen und einen See von 250.000 m³ bildeten. Seither zieht sich der Gletscher jeden Sommer zurück.
Das Hotel im neuem Glanz
Im Jahr 2017 begannen die neuen Eigentümer Justine und Jan Pyott mit der Gestaltung des Hotel & Restaurant Glacier, mit einer einzigartigen Vision, um es ins 21.
Jahrhundert zu bringen. Der sich zurückziehende Gletscher hat das gesamte Konzept dieser jüngsten Renovierung geprägt, und es wurden so viele Massnahmen wie möglich ergriffen, um nachhaltig zu sein und den Gästen dennoch höchsten Komfort zu bieten.
Im Jahr 2017 begannen die Renovierungsarbeiten an der Süd- und Westseite des Gebäudes, wo ein neuer Anbau errichtet wurde. Der Eingang wurde auf die Westseite verlegt, wo sich eine neue Lounge und ein neues Restaurant befinden. Das Restaurant wurde von seinem ursprünglichen Standort eine Etage tiefer verlegt, und das Hotel wurde um ein Spa, einen Weinkeller, einen Aufzug und neun neue Zimmer erweitert.
Mit diesen wichtigen Veränderungen wurde das Hotel Glacier zu einem 4-Sterne-Boutique-Hotel mit 28 Zimmern, die in modernem Design eingerichtet sind und eine Hommage an Grindelwalds Eisarbeiter, seine Geschichte und sein touristisches Erbe darstellen.